Umgang mit Suizid-Äußerungen

Suizid, in der Umgangssprache moralisierend Selbst"mord" genannt, geschieht jährlich 10000 (zehntausend) mal in Deutschland. (Erfolglose Versuche sind sogar 10 mal so häufig.) Ursache ist in 90% der Fälle ein psychisches Problem, meist eine Depression und/oder eine Lebenskrise. Bei Depression besteht grundsätzlich Suizidgefahr, das Risiko liegt bei 20%.

80% derer, die Suizid begehen wollen, kündigen das vorher an. Und hier wird die Reaktion der Mitmenschen wichtig, denn wenn die Umgebung nicht oder falsch reagiert, führen 70% ihre Tat innerhalb 24 Stunden aus.

Bevor ich die richtige Reaktion beschreibe, hier die typischen Vorurteile:

Was zu tun ist

Menschen mit Suizidgedanken brauchen professionelle Hilfe.
Solange die Suizidüberlegungen noch nicht konkret sind, kann man sie noch drängen, professionelle Hilfe zu suchen bzw. anzunehmen. Überlegt dagegen jemand bereits, wie er es macht, oder trifft gar Vorbereitungen, so ist die Gefahr derart akut, dass die zuständige Behörde eingeschaltet werden muss, am einfachsten die Polizei, die dann die Wege kennt. Bisher hat sich keiner, dem so geholfen wurde, nach der Heilung darüber beklagt.
Für meine eigene Arbeit habe ich mir eine Checkliste gemacht, die auch Ihnen bei der Einstufung der Suizidgefahr helfen kann.

Parallel zu diesen unverzichtbaren Maßnahmen können Vertrauens­personen sich die Sorgen der Betroffenen anhören, sie ernstnehmen und versuchen, Mut zu machen.
Co-abhängiges Verhalten allerdings, also eine Entlastung, die über das Aussprechen hinausgeht, wäre kontraproduktiv. Sie würde die Bereitschaft des Betroffenen vermindern, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Außerdem birgt es die Gefahr, manipuliert zu werden.
Die Gefahr einer Manipulation durch Suizid-Drohungen unterbindet man am Besten, indem man streng nach obigen Regeln verfährt:

Falls der Betroffene zur Minderheit der Manipulateure gehört, wird er spätestens nach Einschalten der Polizei diesen Unsinn lassen.

Zuletzt noch zu denen, die ihren Suizid nicht ankündigen (würden):

Auch diese Leute müssen nicht sterben wenn jemand ihren Zustand rechtzeitig bemerkt. Das bedeutet: Wenn jemand in Ihrer Umge­bung deutlich depressiv wirkt, sprechen Sie ihn auf seine Sorgen an. Empfehlen Sie ihm professionelle Hilfe, was immer das Problem ist. Und wenn Sie den Eindruck haben, dass ihm der Lebenswille fehlen könnte, scheuen Sie sich nicht, ihn gemäß meiner Checkliste danach zu fragen und konsequent zu handeln.
Beim ersten Mal hat da jeder Hemmungen, mir ging es bei meinem ersten Patienten auch so. Aber es ist besser, als später von einem "überraschenden" Suizid geschockt zu werden.

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